Statistische Tests verleihen medizinischen Studien Aussagekraft und wissenschaftliche Relevanz. Egal ob Promotionsprojekt oder große klinische Forschung: Irgendwann kommt die Frage auf – „Welcher statistische Test ist der richtige?“ Die Wahl statistischer Tests für medizinische Studien ist entscheidend für valide Ergebnisse und die Akzeptanz durch Peer-Reviewer. Diese Frage begegnet uns bei stat4med nahezu täglich. Deshalb liefern wir in diesem Beitrag eine fundierte, praxisorientierte Übersicht für Forschende, Ärzt:innen, Doktorand:innen und Medizinstudierende.
Warum die Wahl des statistischen Tests entscheidend ist
Bevor wir uns den Tests selbst widmen, ein kurzer Blick aufs „Warum“: Die Wahl des falschen Tests kann zu falsch-positiven oder falsch-negativen Ergebnissen führen. Im schlimmsten Fall werden klinische Entscheidungen auf Basis fehlerhafter Daten getroffen. Zudem verlangen Peer-Reviewer und Ethikkommissionen eine statistisch saubere Methodik. Kurz: Der passende Test ist nicht nur Kür, sondern Pflicht.
1. Parametrische vs. nicht-parametrische Tests – die Grundsatzentscheidung
Die erste Frage lautet: Liegt eine Normalverteilung vor?
– Parametrische Tests setzen Normalverteilung und Varianzhomogenität voraus.
– Nicht-parametrische Tests sind robuster bei Abweichungen von diesen Annahmen.
Tipp: Prüfen Sie vorab mit dem Shapiro-Wilk-Test oder Kolmogorov-Smirnov-Test, ob Ihre Daten normalverteilt sind.
2. Vergleich zweier Gruppen
Szenario | Parametrischer Test | Nicht-parametrischer Test |
Zwei unabhängige Gruppen | t-Test (unabhängig) | Mann-Whitney-U-Test |
Zwei abhängige Gruppen (Messwiederholung) | t-Test (gepaart) | Wilcoxon-Vorzeichen-Test |
Beispiel: Möchten Sie die Cholesterinwerte vor und nach einer Intervention bei denselben Patient:innen vergleichen, nutzen Sie den gepaarten t-Test oder Wilcoxon-Test.
3. Vergleich von mehr als zwei Gruppen
Szenario | Parametrischer Test | Nicht-parametrischer Test |
Unabhängige Gruppen | ANOVA | Kruskal-Wallis-Test |
Abhängige Gruppen (Messwiederholung) | ANOVA mit Messwiederholung | Friedman-Test |
Achtung: Nach einem signifikanten Ergebnis braucht es oft einen Post-hoc-Test (z.B. Tukey, Dunn), um herauszufinden, welche Gruppen sich unterscheiden.
4. Kategorische Daten – hier regiert der Chi-Quadrat-Test
Wenn Ihre Variablen nominal oder ordinal sind, greifen andere Verfahren:
– Chi-Quadrat-Test: Unabhängigkeit von zwei Variablen in einer Kontingenztafel
– Fisher’s Exact Test: Für kleine Stichproben (<5 erwartete Fälle pro Zelle)
– McNemar-Test: Für abhängige kategoriale Daten (z.B. Vorher-Nachher-Design)
Beispiel: Möchten Sie prüfen, ob die Heilungsrate zwischen zwei Therapien unterschiedlich ist, kommt der Chi-Quadrat-Test zum Einsatz.
5. Korrelation und Zusammenhang
Nicht alles ist ein Vergleich – manchmal interessiert der Zusammenhang zwischen Variablen:
– Pearson-Korrelation: Für normalverteilte metrische Daten
– Spearman-Rangkorrelation: Für ordinale oder nicht-normalverteilte Daten
– Kendall-Tau: Robustere Alternative bei kleinen Stichproben oder vielen Bindungen
Wichtig: Korrelation ≠ Kausalität! Das klingt banal, ist aber ein häufiger Interpretationsfehler in Studien.
6. Survival-Analysen – wenn Zeit eine Rolle spielt
In klinischen Studien dreht sich oft alles um das Überleben (Time-to-Event-Data):
– Kaplan-Meier-Analyse: Darstellung der Überlebenskurven
– Log-Rank-Test: Vergleich der Überlebenskurven zweier Gruppen
– Cox-Regression: Multivariate Analyse unter Kontrolle von Kovariaten
Beispiel: Vergleich der Überlebensrate von Patient:innen mit zwei verschiedenen Chemotherapien.
7. Multivariate Verfahren für komplexe Fragestellungen
Wenn es komplexer wird, helfen Verfahren wie:
– Multiple lineare Regression: Vorhersage einer metrischen abhängigen Variable
– Logistische Regression: Vorhersage einer dichotomen abhängigen Variable (z.B. krank/gesund)
– MANOVA: Mehrere abhängige Variablen gleichzeitig analysieren
Diese Methoden benötigen größere Fallzahlen und saubere Modellannahmen.
Fazit: Der passende Test ist kein Luxus, sondern Grundlage guter Forschung
Die Wahl der richtigen statistischen Tests in medizinischen Studien ist kein Luxus, sondern Grundlage guter Forschung. Sie hängt von Datenstruktur, Verteilung, Messniveau und Studiendesign ab.
Falls Sie unsicher sind, welcher statistische Test für Ihre medizinische Studien der richtige ist: Bei stat4med beraten wir Sie gern – von der Planung bis zur Auswertung. Denn Datenanalyse ist kein Glücksspiel, sondern Präzisionsarbeit.

Autor
Dr. Lukas Müller
Senior Statistican